Ripper vs. Steeze – Riverrunner-Vergleich

Das ist schon eine komische Bootsgattung, die sich da in den letzen Jahren auf dem Markt etabliert hat. Ein Bug voller Volumen, wie der eines aktuellen Creekers, gepaart mit dem Heck eines antiquierten Spielboots von Anno Tuck. So liegt das lockere Moven über das Heck voll im Trend, Manöver über den Bug sind dafür komplett out. Cartwheel und co. laufen mit dieser Bootsgattung nur in Monsterwalzen. Dafür sorgt das fette Vorderschiff für eine astreine Performance im Wildwasser. Ist das wirklich so?

Den Anfang machte Liquidlogic schon vor einigen Jahren mit dem Mullet. “Business in the front – Party in the Back” hieß es da. Das Boot ist dank üppigem Vorderschiff saubequem, das Heck lässt sich spielerisch versenken und machte stundenlanges kreiseln in der Eddyline möglich. Demselben Konzept folgte vor ein paar Jahren der Ripper von Pyranha, jetzt hat Waka den Steeze auf den Markt gebracht, der das Ganze auf die Spitze treibt. Denn der Bug ist wirklich gigantisch und das Heck wirkt dagegen richtig mickrig. Das sieht erst einmal ein bisschen bescheuert aus, ist aber der Tatsache geschuldet, dass man den Steeze durch die Adaption eines Volumentaks, genannt „Pod“, zum reinrassigen Creeker umwandeln kann.

Da Mullet, Ripper und Steeze grundsätzlich einem recht ähnlichen Konzept zu folgen scheinen (lässt man mal den Pod außen vor, den Steeze gibt es auch ohne zusätzlichen Volumentank), haben wir uns alle drei mal genauer angesehen.

Mullet

Der Urvater des Gedanken, ein so schlankes Heck an einen so fetten Bug zu bauen, war meine erste Versuchung in diese Richtung. Ich habe mir den Mullet bei Alpine Action ausgeliehen und auf der Soca getestet. Nach einigen Stunden auf Friedhof- und Abseilstrecke war ich mir unsicher. Ich fand den Kahn auf der einen Seite super, auf der anderen Seite befremdlich. Zwar ließ er sich super boofen und recht trocken fahren, auch unterschneiden und kreiseln in den Eddylines ging mit knappen 90 Kilo super, doch war mir das Unterschiff nicht geheuer. Der Mullet surft so schlecht! Das ist dem runden Boden geschuldet. Der Mullet hat ein slalomähnliches Unterschiff, lässt sich super leicht kanten und ist mega agil, vielleicht schon etwas kippelig. Aber richtig schön surfen will der dadurch nicht. Wer darauf keinen Wert legt, der kann mit dem Mullet geile Linien fahren und slalomartig durch die Soca pflügen. Das hat mich dann irgendwie auch überzeugt, vor allem auch, weil man schmerzfrei stundenlang im Mullet sitzen kann. Ich habe ihn mir also gekauft. Damit war ich dann auch einige Jahre glücklich und ich hab das Boot nur verkauft, weil mal Zeit für was Neues war.

Bild: Mullet und ich auf der Abseilstrecke

Ripper

Der erste Ripper kam in der Größe M auf den Markt. Freunde mit ähnlichem Gewicht haben sich das Teil dann auch direkt bestellt. Klar, wer mit 90 Kilo ein Kajak fährt, dass für 70 Kilo gemacht ist, kann damit super Kerzeln – einfach mal nach hinten lehnen, und trotzdem bequem sitzen. Denn der Bug bietet ja ausreichend Platz. Doch bei meiner ersten Testfahrt des Ripper M war mir klar: Wir werden keine Freunde. Das Kajak ist viel zu schmal. Trotz flachem Unterschiff und Kante kommt der Ripper M bei meinem Gewicht in der Welle nicht ins surfen. Selbst im Kehrwasser will der Ripper M immer rumzappeln. In schwierigeren Katarakten taucht er gar nicht mehr so schön auf. Das ist kein entspanntes Paddeln. Doch dann wurde der Ripper L präsentiert. Und der sollte dann ja schon eher zu meinem Gewicht passen.

Bild: Ripper Large

Steeze

Als ich den Steeze das erste Mal gesehen habe war mir klar: den brauchst du! Denn ich habe sofort mein Idee wieder erkannt. Vor bereits zwei Jahren habe ich Jochen und Klaus Lettmann mit der Idee konfrontiert, einen Riverrunner mit adaptierbarem Volumentank zu bauen, der dadurch zu einem richtigen Creeker wird. Eine Ein-Boot-Lösung sozusagen. Gemacht für unsere Roadtrips in Norwegen, Griechenland, Chile und Co, bei denen man das Dach nicht mit zwei Kajaks pro Person beladen kann. Damals haben wir uns im Endeffekt nicht daran gewagt, weil das Konzept leider auch einige Nachteile mit sich bringt, wie zum Beispiel Kompromisse bei den Fahreigenschaften sowie ein erhöhtes Gewicht und ein, unserer Meinung nach, eingeschränktes Kundenfeld. Ich war also gespannt, wie Waka die Umsetzung angegangen ist.

Bild: Steeze

Vergleich Ripper L vs. Steeze

Weil ich dieses Frühjahr, praktisch zeitgleich, einen Ripper Large und den neuen Steeze auf mein Auto geladen habe, und weil beide Kajaks für dasselbe Paddlergewicht gemacht zu sein scheinen, lag es auf der Hand, beide Kajaks mal miteinander zu vergleichen.

Sitzprobe:

In Griechenland angekommen, habe ich mir beide Kandidaten geschnappt und nebeneinander auf die Wiese gelegt. Natürlich habe ich beim Steeze den Pod abgeschraubt, der spielt bei diesem Vergleich schließlich keine Rolle. Dann die erste Sitzprobe. Der Steeze hat massig Platz im Bug, das ist bequem. Doch das mega voluminöse Vorderschiff ist schon ein bisschen befremdlich. Das Kajak ist breiter und voluminöser als aktuelle Creeker, zum Beispiel wirkt das Vorderschiff meines Lettmann Manta geradezu schmächtig gegen den Steeze. Auch der Ripper L wirkt fast ein bisschen eingeschüchtert, er ist deutlich schlanker und mit einigen Litern weniger Volumen ausgestattet.



Im Waka sitze ich deutlich besser als im Pyranha. Das hat aber nichts mit dem Volumen zu tun. Vielmehr ist der Sitz ist deutlich ergonomischer und die Sitzschale leicht nach vorne gekippt. So ist die Hüfte in der richtigen Position für eine gesunde, aufrechte Sitzposition. Im Ripper muss ich schon mehr arbeiten um aufrecht zu sitzen. Der Rückengurt muss helfen, die aufrechte Position zu finden, im Waka unterstützt dieser lediglich die untere Lendenwirbelsäule – so soll es sein. Dieser Punkt geht klar an den Waka. Auch den zweiten Punkt macht der Steeze. Die Prallplatte des Pyranha ist meiner Meinung nach eine der schlechtesten auf dem Markt. Stelle ich sie für meine recht kurzen Beine ein, habe ich oben ein ordentliches Spaltmaß. Außerdem beengen die nicht in der Breite anpassbaren seitlichen Streben den Fußraum und die Platte wackelt wie wild von rechts nach links. Zwar bietet Pyranha eine Schaumplatte für die korrekte Einstellung. Das funktioniert aber nur, wenn das Kajak immer von einem Paddler genutzt wird und dieser das Boot nie schwimmen lässt. Beim Waka ist die Prallplatte auch keine Offenbarung. Sie passt bei meiner Beinlänge aber besser als die vom Ripper. Außerdem ist sie etwas ergonomischer und lässt sich in der Breite einstellen. Sie macht dadurch ein viel bequemeres Sitzen möglich. Allerdings waren nach der ersten Fahrt schon die seitlichen Bügel verbogen. Wie das geschehen ist, kann ich leider nicht nachvollziehen. Und das Spaltmaß in der Mitte fasst auch einen ganzen Fuß.

Die Schenkelstüten im Ripper bieten kaum halt, erst wenn man die aufpreispflichtigen „Hookers“ einbaut und richtig einstellt, ist für Abhilfe gesorgt – bis dir einmal das Ratschenband aus der Ratsche rutscht. Dann geht das Gefummel los. Versuch mal die Ratschenbänder im Kehrwasser mit klammen Fingern wieder aus den Tiefen der Schenkelstütze zu fummeln und wieder in die Ratsche einzuführen… Mit nassen Fingern. Mit nassen, kalten Fingern… Da kann man förmlich ausrasten!


Pyranha Ripper

Waka Steeze

Die Schenkelstützen beim Steeze hingegen sitzen bei mir wie angegossen, sind aber viel zu tief runtergezogen. Ein Notausstieg ist so kaum möglich. Ich kriege gar nicht beide Beine aus der Luke, obwohl diese riesig ist. Da hilft meiner Meinung nach nur kürzen. Da sie kein bisschen verstellt werden können, da einrotiert, hilft hier nur die Säge…

Fazit Sitzprobe: Für mich passt der Waka deutlich besser. Das hübsch hergerichtete Interieur des Pyranha ist für mich weniger praxisnah und die Sitzposition nicht sonderlich ergonomisch. Die Schenkelstützen sind wirklich nicht durchdacht und werden erst durch die aufpreispflichtigen Hookers für mich tauglich.

Auf dem Wasser:

Waka Steeze



Ich paddel zuerst im Steeze. Sofort fällt wieder auf, wie riesig der Bug ist. Leider ist das Vorderschiff so fett, dass ich mehrmals mit meinem Paddel/Daumen anschlage. Das geschieht mir immer wieder, obwohl ich mit 184 Zentimetern Länge und sehr langem Oberkörper eigentlich nicht zu kurz ausfalle. Kleinere Paddler sollten hier wohl über eine Sitzerhöhung nachdenken. Die Größe ist wahrscheinlich eh das Manko des Steeze. Da es ihn nur in einer einzigen Größe gibt, sind viele Paddler aus dem Rennen. Bestes Gewicht, um mit dem Steeze auch noch ordentlich über das Heck kreiseln zu können, fängt meiner Meinung nach bei 85 Kilo an. Freunde mit knapp über 80 Kilo taten sich etwas schwer, den Steeze in der Verschneidung zu unterschneiden.

Der Steeze fährt sich auch ohne Pod fast wie ein Creeker. Ich vergesse immer wieder, dass ich in einem Boot mit flachem Heck sitze. Das macht sicherlich der fette Bug, aber auch das voluminöse, breite Unterschiff. Vor allem auch die hinteren Flanken bieten viel Auftrieb, so fährt sich der Steeze recht unspektakulär, selbst wenn man sich seitlich in Walzen und Presswasser plumpsen lässt. Das Boot taucht kontrolliert auf und man ist immer Herr der Lage.

Beim Kerzeln und Rocksplatten muss man hingegen mit einer soliden Technik antreten. Kante und Paddelschlag müssen korrekt zusammenspielen, dann geht der Steeze einfach in die Senkrechte (Ich habe knapp unter 90 Kilo). Er lässt sich aber nicht so leicht in der senkrechten halten wie der Ripper. Pirouetten drehen oder das entspannte unterschneiden ins Kehrwasser über das Umkanten und mit Ziehschlag ist schwieriger. Das ist sicher den Creeker-Genen des Unterschiffs und der Kante geschuldet.

In der Welle macht der Steeze dank des breiten, recht flachen Unterschiffs eine gute Figur. Er surft direkt auf, spinnen kann man ihn in einer überschlagenen Welle ohne Probleme. Da macht er richtig Spaß.

Ripper Large

Schon beim ersten Sitzen im Kehrwasser merkt man direkt, dass der Ripper aus anderem Holz geschnitzt ist. Das Kajak ist regelrecht kippelig – im Vergleich zum Steeze, aus dem ich quasi ausgestiegen und auf den Ripper umgestiegen bin. Und auch das erste Unterschneiden aus dem Kehrwasser heraus in leichte Strömung zeigt: Das geht viel leichter. Nur durch leichtes kanten und ein bisschen kontern steigt der Bug des Ripper in die Höhe.

Auch in den ersten Katarakten zeigt sich der Ripper deutlich sportlicher. Er will aktiv gefahren werden, das schlanke Heck bekommt nicht nur Druck von oben, sondern reagiert auch ordentlich auf Seitenwasser. Trotzdem sorgt der voluminöse Bug für ein recht trockenes Paddeln. Er taucht kontrolliert auf, erfordert aber immer deutlich mehr Aufmerksamkeit als der gemütliche Steeze.

Bild oben: Nadja im Ripper Small, dem kleinen Equivalent zum Ripper Large

Will man den Ripper in der Verschneidung in die Senkrechte bringen, gelingt das bei meinem Gewicht ohne Probleme. Er kreiselt sehr schön und lässt sich lange auf dem Heck halten. Rocksplats kann man quasi aus der Hüfte schütteln, das ist viel weniger anstrengend als im Steeze.

In der Welle hingegen enttäuscht der Ripper Large. Das sehr schlanke Unterwasserschiff säuft bei meinem Gewicht ein wenig ab. Das Kajak surft schlechter auf als der Steeze und ist viel weniger loose. Dadurch fliegt man viel schneller aus der Welle, beim spinnen muss man schon den rechten Moment abpassen und die lange Wasserlinie erschwert das drehen.

Bild oben: Nadja im Ripper Small in der Welle. Ihrem Grinsen nach zu urteilen, surft der Kleine ein bisschen besser 😉

Im Ripper Large geht mir alles etwas leichter von der Hand als Nadja in ihrem Ripper Small. Bei 90 Kilo hat der Ripper L weniger Reserven als der S bei Nadjas 60 Kilo. Der Kleine könnte für Nadja etwas schlanker sein, für meinen Geschmack könnte der Ripper L ein etwas breiteres Unterschiff haben… Das Gesamtvolumen beim L passt mir aber gut und das Kajak macht richtig Spaß.

Bild oben: Icke im Ripper Large auf dem Arachtos in Griechenland.

Fazit

Der Steeze ist ein sehr entspannter Riverrunner mit viel Potential auch im schwereren Wildwasser. Er verhält sich vollkommen kontrolliert. Ich bin mir sicher, dass das Konzept mit dem Pod voll aufgeht und das Kajak eine ideale Ein-Boot-Lösung ist – auch wenn er mit Pod einiges an Gewicht auf die Waage bringt. Als reiner Riverrunner, also als Zweitboot auf dem Dach, sollte man aber das richtige Fahrergewicht mitbringen. Er schlägt den Ripper in der Welle, lässt sich supergut boofen und kontrolliert schanzen, der Ripper ist aber der verspieltere Kollege. Hat man Platz auf dem Autodach, so kann er den dicken Creeker ergänzen und jedem Paddler auf leichterem oder offenem Wildwasser ein Grinsen ins Gesicht zaubern.

Beide Boote können, dank des dicken Bug, auch im Wildwasser gut bewegt werden. Trotzdem sollte man nicht vergessen, dass beide Riverrunner (Ripper in allen Größen sowie Steeze ohne Pot) einen Creeker nicht ersetzen. Wir hatten dieses Jahr einige Anfragen von WW-III-Paddlern, die einen Ripper für Korsika ausleihen wollten. Korsika ist aber wirklich nicht das richtige Revier, um sich im Ripper an seine Grenzen heran zu tasten…

Alle Bilder: Nadja und Christian, Outdoordirekt
Text: Christian

PS: Beide Kajaks haben wir jetzt auch bei uns in der Kanuschule zum ausprobieren.

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