Nach alter Manier machte es Meister Scheuer bis kurz vor den Start spannend. Zwar hat er uns schon vor Wochen über seine Pläne in Kenntnis gesetzt, die bulgarische Arda bepaddeln zu wollen und uns angeboten, ihn dabei zu begleiten, doch die von ihm in mühevoller Kleinarbeit ausgekundschafteten Details gab er erst kurz vor der geplanten Zusammenkunft preis… wenn es sie wirklich gab, die Details… Kurz vor dem Ablegen war auf jeden Fall klar: Es warten dreißig Kilometer Wildwasser III bis IV in einer unzugänglichen Schlucht, mit nur einem eventuell verfügbaren Zugang in der Mitte… aha!
Klar, wir hätten uns auch mal selber kümmern können. Aber wenn der euphorische Scheuermann erst einmal loslegt, dann kann man ja nur Zweiter werden beim Beschaffen von Informationen und Fakten. Also haben wir uns in seine Hände begeben. Erst auf der Anfahrt wurde dann langsam klar, dass der Wasserstand wohl reichen sollte, dass wir auch bei angekündigten sechs Grad in Bulgarien eventell nicht frieren müssen (es gibt einen Ort und vielleicht sogar ein Hotel in der Nähe des Flusses) und dass es sogar bulgarische Paddler gibt, denen Scheuer ein paar Informationen über den Bach entlocken konnte. Von gut dreißig Kilometern Wildwasser am Stück, in einer uns unbekannten Schlucht, mit nur wenigen Infos über die tatsächlichen Schwierigkeiten? Da musste so manch einer unserer kleinen Expeditions-Crew anfangs schlucken. Dass es dann doch einen schicken, wie sich später rausstellte sogar asphaltierten, Zugang zum Bach in der Mitte gibt, an dessen Ende sich neben der herrlichen “Devils Bridge” ein noch herrlicheres Wildcamp verbirgt, konnte ja kaum einer ahnen…
Bilder oben: Anfahrt über die griechischen Rhodopen. Wer in Igoumenitsa mit der Fähre anlegt, so wie wir, der hat eine ordentliche Autofahrt vor sich. Ca. neun Stunden sind es bis nach Ardino, dem Dreh- und Angelpunkt einer Arda-Befahrung. Dabei geht es durch atemberaubende Landschaft, aber auch durch ein kulturell ganz anderes Griechenland. Ein wilder, ursprünglicher Landstrich mit sehr netten Menschen erwartet dort die Besucher. Und eine Kultur, die genauso vom griechisch-orthodoxen wie vom muslimischen Lebensstil geprägt ist.
Bilder oben: In Ardino angekommen, wollen wir eigentlich nur den kleinen Hunger stillen. Doch so einfach ist das gar nicht. Obwohl uns jeder Grund fern liegt, sind wir plötzlich die Attraktion im Dorfrestaurant. Ein Reporter ist ganz begeistert von unserem Erscheinen und interviewt uns erst einmal. Viele Fragen stellt er eigentlich gar nicht, vielmehr kümmert er sich um ein schickes Foto. Das Interview bzw. die Reportage gibt dann auch nicht so ganz unser Vorhaben wieder, zum Beispiel sind wir gar nicht so an der Arda, als vielmehr an ihrem schicken Stausee interessiert… Dabei würden wir hier höchstens gegen Flussverbauungen demonstrieren. Naja, ein paar Fake News muss auch der Kanusport über sich ergehen lassen. Wer es nicht lassen kann: Den Bericht über die Crew aus Germany könnt ihr hier nachlesen: http://rodopi24.blogspot.com/2019/03/blog-post_990.html. Vielleicht braucht der eine oder andere dazu einen Google-Übersetzer…
Nach dem Besuch im Dorf wagen wir uns auf die letzten Kilometer runter zur Teufelsbrücke. Sie ist bestens ausgeschildert und zu unserer Überraschung sogar fast komplett asphaltiert. Am Fuße der Straße finden wir einen tollen Campspot vor. Hier bleiben wir und probieren mal unser erstes bulgarisches Bierchen – dezent serviert in der 2,2-Liter-Pulle. Na dann: Prost! Oder наздраве, wie der Bulgare sagen täte…
Bilder oben: Tag eins in der Arda-Schlucht. Es beginnt mit leichtem Wildwasser im zweiten Grad. Erst einige Kilometer vor der Teufelsbrücke wird es sportlicher, die Schwierigkeiten steigern sich auf WW III+. Bei höherem Wasserstand kann es in den einzelnen Stellen gut zur Sache gehen. Mit rund zwanzig Kubik sind wir eher bei Niedrigwasser untwegs. Der Wasserstand reicht aber locker für eine genussvolle Fahrt. Nach jeder schweren Stelle folgt ein Pool, das Wildwasser ist fair.
Bilder oben: Tag zwei. Ab dem Camp geht es los, das Wildwasser und auch die Landschaft sind noch beeindruckender als im oberen Teil. Lediglich die Shuttle-Strecke macht mit 90 Minuten one way keinen großen Spaß. Hier sollte man sich vielleicht einen Fahrer gönnen.
Meisterfilmer Johnny Brunner hat uns von diesem Trip ein Video geschenkt. Eins, dass die Stimmung des kleinen Teams zu Beginn einer schönen aber anstrengenden Kajakschul-Saison sehr gut wiederspiegelt. In Wort gebracht von unserem Freund Chris Schwaab. Danke Jungs!