Reisebericht “Pilottour Lefkas”, April 2017

Unverschämt klares Wasser, weiße Strände, großartige Sonnenuntergänge. All das versprechen uns die Kataloge der hiesigen Reiseveranstalter für den Fall, dass wir blitzschnell buchen und eine Reise auf die Insel Lefkas antreten. Erst ab Mai versteht sich, denn dann gelangt man unkomplitziert mit dem Flieger direkt zur Insel…

“Soso”, denke ich mir. Die Pauschal-Flüge gehen erst ab Mai… Dann sollten wir für unsere Pilottour nach Lefkas auf jeden Fall einen früheren Zeitpunkt wählen. Wer will sich die schönen Strände und die Sonnenuntergänge schon mit den Pauschaltouristen teilen? Wir nicht! Vor allem dann nicht, wenn wir unser Lager wild unter dem griechischen Sternenhimmel aufschlagen. Und zwar dort, wo uns Lust, Laune, Wind und Wellen abends anspülen.

Kaum habe ich den Termin für die Lefkas-Pilottour 2017 ausgeschrieben, ist diese auch schon ausgebucht. Und das wundert mich. Ist es schließlich so, dass die Voraussetzungen an die Teilnehmer höher sind als bei unseren “normalen” Touren. Wir wissen nur dank Google Earth wie die Küstenlinie und die Strände in unserem neuen Kursgebiet geschaffen sind. Aber vielleicht macht gerade das Unbekannte den Reiz aus. Denn neben den nötigen Paddel-Skills sollten die potentiellen Teilnehmer auch eine Portion Abenteuerlus und Expeditionsgeist mitbringen.

Zwei Tag vor dem Start sind Picco und ich bereits auf Lefkas. Nachdem wir den idealen Startpunkt ausgemacht haben, den Campingplatz “Santa Mavra” im Südosten der Insel, genießen wir die erste Nacht am Meer. Wir kommen geradewegs aus dem griechischen Gebirge, hier haben wir die letzten vier Wochen Wildwasserfahrer durch die Schluchten des Pindos-Gebirge und des Peloponnes geführt. Und in den Bergen war es abends noch spürbar frischer als hier am Meer. Während uns die laue griechische Luft um die Nase weht, brutzeln auf dem Grill schon die Souflaki, das Zaziki ist angesetzt genauso wie der griechische Salat.

Angereist

Vollgefuttert und bettschwer sitzen wir noch da und blicken aufs Meer, da kommt ein Kleinwagen auf den Campingplatz gerollt. Nach und nach schälen sich drei ausgewachsene Personen aus dem Seat. Gepäck purzelt aus den offenen Türen. Robert, Michael und Kerstin haben sich zusammen einen Mitewagen ab Thessaloniki genommen und sind gemeinsam hergefahren. So geht das! Da macht es dann auch nichts aus, dass es noch keine Direktflüge nach Preveza gibt, dem nächstgelegenen Flughafen. Alle sind bester Laune – ein bisschen k.o. vielleicht, aber es ist ja auch bald Mitternacht.

Am nächsten Morgen kriechen alle aus ihren Zelten. Die griechische Sonne ist noch auf der anderen Seite der Bucht, so trifft man sich in der Mitte des kleinen Strandes in der Morgensonne zum spatanischen Frühstück. Dann holen wir die Karte raus und gehen gemeinsam die geplante Tour durch. Wir spekulieren wo es die idealen Campingplätze geben mag und worauf es zu achten gilt. Dann fahren die vier mit dem Kleinwagen noch schnell zum Einkaufen ins nächste Dorf, nach Nidri – Proviant für die nächsten drei Tage beschaffen.

Am Nachmittag stellen wir unsere Kajaks ein und machen eine kurze Packprobe. Dann drehen wir eine Runde zu den angrenzenden Buchten. Das Wasser ist ja wirklich so klar wie im Reisekatalog, wir konnten es ja nur schwer glauben…! Am Abend trifft auch der letzte der Runde ein: Sebastian hat es mit dem Bus von Athen nach Lefkas geschafft.

Losgepaddelt!

Es geht los. Wir lassen uns Zeit beim Einladen des Gepäcks, dann stechen wir in See. Wir paddeln im Uhrzeigersinn, erst einmal grob Richtung Südwesten. Am Anfang haben wir kräftigen Gegenwind. Deshalb machen wir bereits nach knapp zehn Kilomteren in einer Bucht Mittagspause. Denn auf den kommenden Kilometern sieht es laut Karte nicht so aus, als würde es noch viele Pausenstellen geben. Die Küste ist schroff. Zwar nicht sonderlich steil aber extrem scharfkantig. Umso überraschender ist es, dass nach weiteren fünf Kilometern hinter einer Felsnase eine kleine, sichelförmige Bucht mit Strand auftaucht. Wir halten noch einmal an, genießen die Sonne und das glaklare Meer und mobilisieren unsere Kräfte für die Umrundung des nächsten Kap, hinter dem bald unsere erste Übernachtungs-Bucht auftauchen sollte. Wir scouten einige kleine Strände, doch im Endeffekt ist es wie so oft – der erste Gedanke ist meist der Beste. So erweist sich der auf der Karte auserkorene Strand als der beste dieses Küstenabschnitts. Wir legen an, befinden die Bucht für perfekt und bauen unsere Zelte auf. Noch bevor die Sonne im Meer versinkt sitzen wir mit einem leckeren, selbst gekochten Abendessen am Strand und schauen auf die kleine Brandung, die trotz ihrer winzigen Höhe recht geräuschvoll auf den weißen Kies schwappt.

Westcoast!

Wir beginnen den Tag mit einem guten griechischen Kaffee (Kafé Hellenico), der fröhlich auf dem Gaskocher blubbert. Nach dem Frühstück packen wir ein, denn wir haben heute ein wunderbares Ziel – den südlichsten Punkt von Lefkas.

Heute haben wir noch einmal Wind aus Süden, voll von vorne sozusagen. Bis die Klippen immer steiler werden und wir den Leutturm vom Cap Lefkada rechts über uns sehen. Dann hört der Wind auf. Wenig später biegen wir auf die Westküste ab – ein atemberaubender Moment der allen die Sprache verschlägt. So weit das Auge reicht sehen wir nur steile Klippen. Unter uns wogt das unendlich tiefe Meer. An der Küste entlang schimmert es in allen erdenklichen Blautönen. Lange Dünung lässt uns wie im Fahrstuhl hoch und runter fahren. Doch die Dünung tut ja nichts. Sie zeigt uns lediglich, welche Power das Meer unter unseren kleinen Kajaks hat. Und was es mit uns machen könnte, wenn “Poseidon” uns jetzt in diesem Moment einen ordentlichen Orkan schicken würde.

Alles nur Gedanken die uns duch den Kopf gehen, weil wir wieder einmal gezeigt bekommen, wie klein wir doch eigentlich sind. Doch wir müssen uns vor keiner Gottheit fürchten. Wir können genießen und unsere Fahrt in Richtung Norden fortsetzen. An der wunderbaren Westküste entlang.

Am Nachmittag erreichen wir das Kap Katsiki. Am langen Kiesstrand gibt es nur wenig Schatten. Somit steht das Programm fest: Sonnenbaden. Und wer hart im nehmen ist, der kann auch im Meer baden. Als die Sonne verschwindet, freuen sich alle über den Schatten – und werden wieder aktiv. Zelte aufbauen, Kochutensilien auspacken, die hungrigen Mägen füllen! Dann zu Bette. Doch die Ruhe der Nacht sollte nicht lange anhalten. Kurz nachdem ich eingeschlafen bin, reißt eine Böe am Zelt. Dann eine nächste. In den kommenden sieben Stunden bin ich damit beschäftigt, nicht wegzufliegen. Einmal muss ich in der Nacht pinkeln. Ich halte mit der einen Hand das Zelt mit der anderen Hand… naja was wohl… – immerhin gibt der Sturm die Richtung vor. Das Zelt flattert an meinem Arm, Heringe sind schon lange nicht mehr im Boden.

Wind oder Sturm… ne, doch nicht…

Am Morgen gibt es nur ein Gesprächsthema: den Wind. Doch der ist noch nicht vorüber. Schnell packen wir in die Kajaks was nicht weggeweht werden soll. Bei Windstärke acht gar nicht so einfach – dabei sollte es heute komplett windstill sein! Nachdem alles verstaut ist krabbeln wir die Stufen hoch zum Parkplatz auf der Klippe. Oben weht nur ein leichtes Lüftlein, also frühstücken wir erst einmal. Der Blick auf das Meer lässt uns wundern. Es liegt ganz ruhig da, keine Welle schwappt an den Strand. Wir gehen wieder zu den Booten und werden beinahe ins Meer gepustet. Immer noch Sturm. Wir entscheiden, dass es sich bei unserem Haussturm um ein lokale Phänomen, einen Fallwind, handeln muss. Bedingt durch die steile Felswand unter der wir campen. Also paddeln wir los. Draußen auf dem Meer bekommen wir noch eine paar Böen ab, dann wird es windstill. Alle sind völlig im Eimer, wir haben kaum ein Auge zugetan diese Nacht. Dementsprechend kurz fällt die Tagesetappe aus. Wir beschließen an einem wunderschönen Strand unseren Schlafmangel nachzuholen und den Tag gemütlich ausklingen zu lassen.

Delfine und Zaziki!

Diese Nacht war ruhig. Kein Wind, kein lärmendes Zelt, auch Pipi machen war kein Ding! An diesem Morgen sind wir alle ausgeschlafen! Nach dem Frühstück das Übliche. Einpacken, ablegen. Es geht an der wunderbaren Steilküste entlang. Kurz bevor wir die erste Ortschaft “Agias Nikitas” erreichen, sehen wir einige Delfine springen. Wir beobachten eine ganze Schule, leider kommen sie nicht richtig nah heran. Dabei wollten wir ihnen nix tun, ihnen nur ein bisschen bei ihren Kunststücken zusehen. Und vielleicht ein bisschen auf ihnen reiten. Aber nur kurz!

In Agias Nikitas machen wir eine ausgedehnte Mittagspause. Eigentlich will keiner weiter – so schön ist der kleine Ort. Weiß getünchte Häuser, blaue Tavernen-Stühle. Alles wie aus dem Reisekatalalog – nur eben ohne die Touristen. Wir kehren in eine kleine Taverne ein, genießen Zaziki, Käse und gebratenes Gemüse. Mit schwerem Magen und schwerem Herzen stechen wir wieder in See. Unser Ziel für den Abend – Lefkada City. Richtig einen drauf machen.

Drei Stunden später haben wir den langen Windmühlen-Strand hinter uns gelassen und sitzen am leicht verdreckten Strand gegenüber der Festung von Lefkas Stadt. Hier wollen wir unsere Zelte nicht aufbauen, zwischen alten Taucherflossen und zerfetzten Luftmatratzen. Wir suchen weiter. Dann findet Picco eine nette Stelle, ein bisschen weiter im Norden. Hier passt es. Wir bauen auf und machen uns auf den Weg in die Altstadt. Wir wollen ein bisschen Bummeln und dann zu Abend essen. Aber vorher ein kühle Bier am Kay. Eine fesche Kneipe bietet uns eben dieses. Doch der Preis gefällt uns nicht. Fünf Euro für ein zugegeben leckeres Mythos ist doppelt so viel wie üblich. Das kann ja ein teurer Abend werden in der Insel-Hauptstadt.

Ich kann kaum an den ganzen Sweet-Shops vorbei gehen. Meine “Candy-Bays”, wie Picco sie nennt, locken mich jedes Mal mit reichlich Süßkram, vor allem Chees-Pie hat es mir angetan (und Picco jetzt auch). Bei einer alten Frau probiere ich mich durch und kaufe den halben Laden leer – für die Gruppe versteht sich.

Dann haben wir eine Taverne gefunden. Ein Tsipouradiko um genauer zu sein. Hier werden vorwiegend Kleinigkeiten gereicht. Doch viele Kleinigkeiten sorgen nicht nur für Abwechslung, sondern auch für einen vollen Magen. Nach dem Gelage fürchten wir uns vor der Rechnung, haben wir doch anständig gefuttert und dabei Wein, Bier und Ouzo konsumiert – nicht jeder alles versteht sich. Doch der freundliche Wirt rechnet nicht lange. Die Gesamtsumme wird auf die Tischdecke geschrieben, sie ist ein guter Deal für uns wie auch für den Wirt. Günstig und gut haben wir gegessen, von Touri-Abzocke in der Insel-Hauptstadt ist in diesem Lokal nichts zu spüren. Gesättigt laufen wir zurück zu unseren Zelten und fallen in einen angenehm tiefen Schlaf.

Santa Mavra – here we come!

Die letzte Etappe steht an. Zurück zum Campingplatz Santa Mavra. Die komplette Ostküste müssen wir heute packen. Doch windgeschütz liegt sie da zwischen den Bergen des griechischen Festlands und dem bergigen Hinterland Lefkadas. Wir ein langer Fjord. Es ist null Bewegung im Wasser, fast ein bisschen langweilig geht es in Richtung Süden. Wir passieren die Drehbrücke, die Lefkas mit dem Festland verbindet, dann den Yachthafen. Links vermodern schmuckvolle Liebhaberstücke auf dem Trockendock (Schiffsfriedhof), rechts liegen die rausgeputzten Charter-Yachten der Vermieter, die sich wie seelenlose Clone gleichen. Dann verlassen wir Lefkas-Stadt, die Besiedelung wird weniger. Doch überall wird gebaut. Sind uns schon an der Westküste wahnwitzige Neubauprojekte aufgefallen, ist der Ausverkauf Lefkas an der Ostküste noch offensichtlicher. An jedem kleinen Strandzugang, jedem Fitzelchen Sand oder Kies wird eine Ferienanlage hingeknallt. Damit die Urlauber auch am Meer liegen können, auch wenn es dort keinen Zugang gibt, werden einfach Holzstege an das schroffe Ufer montiert. Kaum zu glauben und traurig, doch auf unsere Kajak-Reise hat dies keine Auswirkungen. Wir lassen alle Baustellen rechts liegen und gleiten weiter über das ruhige Meer. Bis wir zur Mittagszeit die Ortschaft Nikiana erreichen. Hier können Picco und ich nicht mehr an uns halten. Eine Taverne mit blauen Stühlen! Urig und schön! Auf der Karte: frisches Thunfisch-Souvlaki. Wir setzen uns und trinken einen hervorragenden Frapé. Die knuddelige Wirtin bringt die Karte, dann der Schock! Der Thunfisch ist noch nicht geliefert, vielleicht nicht einmal gefangen. Etwas bedröppelt bestellen wir Kalamari – auch lecker. Doch dann knattert ein Fischerboot in die Bucht. Kurze Zeit später liegen saftige Thunfisch-Steaks neben ganzen Fischen auf der Auslage. Wir können umbestellen und kriegen frischen Fisch, perfekt gebrutschelt. Lecker!

Mit vollem Magen geht es auf die Schlussgerade. Am Abend erreichen wir unseren Campingplatz.

Ganz ehrlich: Es war eine wunderbare Rundfahrt um die Insel Lefkas.

Abonniere unseren Newsletter

Wenn dich interessiert wo wir uns rumtreiben, wo wir demnächst mit dir paddeln gehen könnten und was es sonst so Neues aus der Kanusport-Welt gibt, dann melde dich zu unserem gar nicht so häufig verschickten Newsletter an.