Volle vierzehn Tage wandern, biken, chillen … und natürlich paddeln. Das ganze bei bestem Wetter in einer paradiesischen Landschaft. Gut 30 Outdoor-Freunde aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Griechenland folgten dem Ruf zum 1. Pindos Outdoor & Kayak Festival am blauen Arachthos.
Voller Einsatz, volles Risiko: Wie das Wetter wird, ob Herbstregen die Flüsse füllt, ja, auch ob die Paddelwelt uns die Bude einrennt. Das alles stand in den Sternen. Wir haben uns trotzdem dran gemacht. Scheuers Toros-Sprinter war schon im September mit zwölf Booten auf dem Dach durchs wilde Balkanien nach Plaka gedieselt. Nadja und Christian Zicke hatten nicht nur einen Hänger voller Seekajaks nach Korfu übergesetzt, sondern auch ein weiteres Dutzend Granaten aufs Wohnmobil gepackt. Camp-Chef Nikos hat pünktlich zum Festivalstart die Hotelterrasse verglast und neues Personal fürs Camp-Cafe eingestellt. Und dann? Haben wir gewartet. Der Dinge geharrt, die da kommen.
Sie sind gekommen. Und wie! Fette Herbststürme haben die Bäche Nordgriechenlands bis zum Rand gefüllt. Und sich dann – husch husch ins Körbchen – in Windeseile verzogen, denn wie uns schnell klar wurde: Es war der Indian Summer, der sich Platzkarten gesichert hatte. Was für eine Wette, was für ein Gewinn! 13 Tage blauer Himmel, 13 Tage keine Wolken. Lediglich an einem Tag gab’s leichte Bewölkung und das Tageshoch lag unterhalb der 15 Grad. Das Wasser hat die erste Woche luxuriös gelangt. Bis zu 18 Paddler teilten sich den gleichen Fluss, dazu gab’s fast immer auch ein Trockenprogramm, das individuelle Grüppchen für sich erschlossen.
Der oberste Kalaritikos garantierte den furiosen Auftakt. Nahe des Kipina-Klosters, hoch über dem Fluss, begann das deutsch-griechische Team, die Boote in den Schluchtgrund zu tragen. Zur Belohnung gab’s selten befahrene Boulder-Katarakte, umrahmt vom güldnen Blätterkleid. In den Folgetagen ließen die Festivalpaddler ihre Schiffe auf dem oberen Acheloos, der Milchstraße des Arachthos sowie – zweifelsohne ein echtes Highlight – dem Acheloos unterhalb des Mesochchora-Damms zu Wasser. Die Canyons von Kalaritikos und Arachthos wie auch die Skoupa Section ab dem Camp zählten ohnehin zu den Standards.
Besonders die letztgenannte Etappe zeigte ihre unverblümte (dafür aber üppig mit buntem Herbstlaub) garnierte Schönheit auch in der zweiten Woche. Hier hatte jeder Spaß – ob im Duo-Topo, im Outside oder den Dickschiffen. Den Hauptgewinn hatten aber jene gezogen, die ihr Spielboot im Gepäck hatten. Nach all den volumenreichen Jahren wurden also Dagger SuperEgo, Necky Zip und Lettmann Rage entstaubt und ihrer Bestimmung zugeführt. Airtime, Baby!
Auch wenn das Wasser in der zweiten Woche noch dicke für Canyon und Skoupa Section langte, zog die Truppe immer wieder raus aufs Land. Oder richtiger: hoch ins Gebirge. Das grandiose Wetter und damit auch die fabulöse Fernsicht machten den Gipfelsturm zur Pflicht. Ein Erlebnis der besonderen Art war der Sunset Trek zum 2393 Meter hohen Katafidi, von wo der Blick bis zum Meer reicht. Erlebnisreich war auch die Anfahrt zum Katarraktis Refuge, wo wiedermal bewiesen wurde, dass Allrad-Pisten noch lange keinen Allrad voraussetzen. Als lange, anstrengend und – wie der Angelsachse sagt – very rewarding stellte sich die Gratwanderung im Postkartenpanorama von Melissourgoi. Der Ridge Trek mit unglaublicher Aussicht hält dem Vergleich mit den schönsten Alpentouren mühelos Stand. Das Refuge von Melissourgoi im geschmacksvollem Hostel Style war unser Basislager, Gastgeber Apostolis hat in viel viel Arbeit nicht nur Wege freigeschnitten und markiert, sondern wurde von uns auch kurzerhand als Guide engagiert.
Ebensolche Lokalkompetenz war verantwortlich für das perfekte Guiding der Mountainbiker. Gerademal sieben Kilometer vom Arachthos-Camp ist das neu eröffnete Bike-Zentrum in Agnanta erste Anlaufstelle für den Spaß auf zwei Rädern. Der erst 15-jährige Bike Guide Hermes legte auf den wunderschön geführten Tzoumerka Trails die Spur vor. Für sportliche Biker wie Wanderer gleichermaßen interessant ist der neu angelegte Wanderweg, der von Plaka zur Skoupa-Brücke führt. Dort gibt’s das seltene Vergnügen, in direkter Flussnähe dem schweißtreibenden Zweiradsport nachzugehen. Was nebenbei feine Fotos von den Paddlern sicherstellt.
Dem ausschweifenden Aktivprogramm zum Trotz sollte nicht vergessen werden: Auch die Ortslage in Plaka hat einiges zu bieten. So gastierten die Festival-Teilnehmer sowohl auf dem Via-Natura-Campingplatz als auch im fünf Gehminuten entfernten Hotel Teloneio. Letzteres war in der ersten Woche von den Paddlern exklusiv gebucht, und es war nicht nur den kalten Nächte geschuldet, dass der offene Kamin desöfteren zum allgemeinen Treffpunkt avancierte. Das Hotel war im wörtlichen Sinne Schauplatz der Fotoshow, wo neben einem Best-of des Festivals Eindrücke von Seekajak- und Wildwassertouren in Griechenland und Albanien über den Beamer liefen. Achja, lecker Wein, Tsipouröchen und natürlich das beste aus Marinas Küchenkunst wurde ebenso serviert. Und wenn man all das hinter sich hatte, musste man ja noch irgendwie zurück zum Camp, das Lagerfeuer wartete. Der Weg ist nicht weit, aber die Sirenen am anderen Ende der Brücke rufen laut. Kehr ein, mein Freund, nur ein Gläschen …
Text: Christoph Scheuermann
Bilder: Nadja + Christian + Scheuer + Andere